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Portraits

Kunst ohne Grenzen: Sophie Goltz

Die renommierte Internationale Sommerakademie für bildende Kunst Salzburg gilt als die älteste Einrichtung ihrer Art in Europa. Eine Akademie, die die Kunst in den Fokus stellt. Unabhängig von Vorbildung, Alter oder Geschlecht. Wir baten Direktorin Sophie Goltz zum Gespräch über Akademie-Gründer Oskar Kokoschka, die Bedeutung von Kunst in Geschichte und Gegenwart, Salzburg und die besondere Atmosphäre im „schönsten Atelier der Welt“.

Frau Goltz, wie haben Sie Ihre Liebe zur Kunst entdeckt?

Ich würde es weniger als Liebe bezeichnen, vielmehr als das, was Kunst im Leben eines Menschen sein kann – die Bereicherung und Relevanz. Entdeckt habe ich diesen Zugang während der transformativen Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer. Von einem Tag auf den anderen wurde ein radikaler Prozess gesellschaftlicher Transformation angestoßen. Gerade die Auseinandersetzung mit künstlerischer Fotografie in dieser Zeit öffnete einen öffentlichen Raum, den ich so vorher nicht kannte. Ich lernte, Dinge anders zu sehen, Perspektiven zu wechseln. Über die Fotografie konnte ich mit Freunden über das, was uns in Gesellschaft und Politik bewegte, anders nachdenken und sprechen. Die Kunst wurde zu einer ständigen Begleiterin.

Sie leiten seit 2020 die Internationale Sommerakademie. Jedes Jahr kommen 300 Teilnehmende aus über 50 verschiedenen Nationen hierher, um sich auf der Festung Hohensalzburg und im Steinbruch Untersberg in Fürstenbrunn weiterzubilden. Wie ist es, im „schönsten Atelier der Welt“ zu arbeiten und welche Herausforderungen bringt diese besondere Location mit sich?

Die Akademie zu leiten ist ein Privileg. Besonders auch aufgrund ihrer langen Tradition und Geschichte. Die Herausforderung ist einerseits, die Schule in die sogenannte Zeitenwende zu bringen. Das heißt, nach der Pandemie wieder hin zum Unterricht vor Ort, die Unsicherheiten finanzieller Natur, die Unterstützung, die gerade jüngere Studierende brauchen. Andererseits bringen auch die historischen Gemäuer in der Festung Hohensalzburg Herausforderungen mit sich. Etwa in Hinblick auf die Materialien, mit denen wir auf der Festung arbeiten dürfen oder eben nicht, wegen des Brandschutzes. Das sind aber vergleichsweise geringe Einschränkungen dafür, dass ich an so einem wunderbaren Ort arbeiten darf. Schon allein das Rauffahren, das ist wie eine Art Passage. Und dann wieder runterkommen und ins städtische Leben eintauchen.

Können Sie uns Ihre Schüler skizzieren? Wer kommt in die Sommerakademie?

Den einen typischen Studierenden gibt es nicht. Wir sprechen alle Menschen an und sind sozusagen ein Safe Space für viele. Das entspricht auch der Geschichte der Akademie: Es gibt viele junge, aber auch viele ältere Studierende, die teilweise schon in der Pension sind und immer wiederkommen. Das besondere an der Sommerakademie ist darüber hinaus, dass sich auch Menschen ohne künstlerische Vorbildung bewerben. Das ist vielleicht auch ein Mehrwert für Akademie-Abgänger – bei uns können sie mit einer weniger studentischen Realität in Berührung kommen, andere Gespräche führen, andere Werke sehen. In diesem Zusammenhang ist uns der internationale Austausch sehr wichtig, ganz im Sinne Kokoschkas. Das kann mitunter auch zu Spannungen führen, ist unterm Strich aber eher förderlich: Die Studierenden diskutieren aktuelle Geschehnisse im Studio und reflektieren diese auch in ihren künstlerischen Arbeiten.

Spüren Sie noch den Geist, die Intention von Oskar Kokoschka? Kennen ihn junge Künstler heute noch?

Anlässlich unseres Jubiläums haben wir eine Kooperation mit der Universität für angewandte Kunst Wien. Die beschäftigen sich gerade mit Kokoschka, unter anderem mit der „Schule des Sehens“. Im Frühjahr 2023 wurde eine große Kokoschka-Retrospektive im Musée d’Art Moderne de Paris gezeigt, die gegenwärtig im Guggenheim Bilbao zu sehen ist. Ich glaube, dass er gerade in seiner Widersprüchlichkeit für junge Künstler heute eine Relevanz hat. Kokoschkas „Schule des Sehens“, die stark eingreifend war, ist eher dialogisch geworden. Das hat sich gewandelt. Es ist heute weniger das Meister-Schüler-Modell, vielmehr ein gemeinsames Sprechen und Handeln.

Sophie Goltz blickt vom Festungsberg auf die Stadt | © Tourismus Salzburg GmbH

WAS MACHT SALZBURG FÜR SIE EINZIGARTIG?

INSIDERTIPPS

Wie kann ich als Besucher der Stadt am besten in das Flair der Sommerakademie eintauchen?

Wir laden im Sommer zu vier Open Studios ein: auf der Festung und im Steinbruch. Die Studios sind offen und die Besucher können sich ein eigenes Bild machen, woran die Künstler gerade arbeiten. Zu sehen sind entstandene Kunstwerke, Performances, Lesungen und andere künstlerische Artikulationen. Die Open Studios sind der Abschluss einer intensiven Arbeitsphase und daher ein ganz besonderer Moment voller kreativer Energie. Für die Studierenden ein wichtiges Abschlussritual. In der Stadt zeigt die Sommerakademie Ausstellungen lehrender Künstler und lädt zu diskursiven Veranstaltungen und elektronischer Musik ein – in Kooperation mit der Galerie Kunst im Traklhaus oder den Stadtgalerien im Mirabellgarten. Der Eintritt zum Programm Kunstvermittlung ist frei.

Welches Salzburger Kunstwerk ist das Interessanteste für Sie?

Ich möchte zwei Kunstwerke hervorheben, die unsere Wahrnehmung der Stadt verändern: Da ist die Lichtinstallation Beyond Recall (2011) der österreichischen Künstlerin Brigitte Kowanz, die zentral über den Brückenköpfen der Staatsbrücke angebracht ist. Die Arbeit erinnert an die Zwangsarbeiter im Zweiten Weltkrieg, die am Brückenbau beteiligt waren. Hier verbindet sich Erinnerungskultur mit zeitgenössischer Kunst. Ein subtiler und wirkungsvoller Eingriff in das städtische Gefüge – besonders abends, wenn die Schrift leuchtet. In einem Moment der pittoresksten Vereinnahmung durch die schöne Altstadt wird Geschichte sichtbar und mahnt Passanten an die alltägliche Arbeit an der Demokratie. Der andere städtische Eingriff entstand als Kunst-am-Bau-Projekt: Andreas Fogarasi, Vorplatz/Archiv (2022.) im Landesarchiv. Das Büro der Sommerakademie ist direkt gegenüber. Ich sehe diese Arbeit jeden Tag. Es ist ein konzeptionelles Kunstwerk, eigentlich ganz im Sinne von Kokoschka: Das Sichtbare sichtbar machen. Fogarasi benennt Vorhandenes wie etwa das Landesarchiv selbst und bringt das Umfeld hervor.

Welches Museum besuchen Sie in Salzburg am liebsten und warum?

Das Museum der Moderne ist professionsbedingt ein ganz wichtiger Ort der Auseinandersetzung für mich. Genauso auch der Kunstverein oder die Galerie 5020. Als ehemalige Künstlerische Leiterin von Stadtkuratorin Hamburg ist der Skulpturenpark im Schloss Arenberg ein inspirierender öffentlicher kultureller Raum (Museum) in Salzburg. Etwas abseits vom Alltag lässt das Marionettenmuseum auf der Festung Hohensalzburg Theatergeschichte lebendig werden – und eine alte Handwerkskunst: das Puppenmachen.

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