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Stadterlebnis

Hinter Salzburgs Kirchentoren – ein Rundweg

Kirche? Kirche ist langweilig und verstaubt. Dies kommt mir oft zu Ohren. Vor allem viele junge Menschen wissen überhaupt nicht, welche religiösen Schätze und augenzwinkernden „Wunder“ sich hinter dem einen oder anderen Kirchentor verbergen. Mich eingeschlossen. Um diesen Zustand zu ändern, habe ich mich auf Entdeckungsreise durch Salzburg begeben.

6.30 Uhr. Ich gehe durch die engen Gassen. Weit und breit keine Menschenseele. Salzburg scheint um diese Uhrzeit noch zu schlafen. Aber es ist auch wirklich sehr früh. Naja, was soll’s, denke ich mir und setze meinen Weg fort in Richtung Nonnberg-Stiege. Einen Fuß vor den anderen, eine Treppe nach der anderen. Schon bald bin ich oben angekommen. Ein wenig außer Atem ziehe ich am Griff des Portals der Stiftskirche Nonnberg und stecke meinen Kopf durch den Spalt in den Innenraum. Noch nichts los. Ich trete ein und suche mir einen Platz auf einer der hinteren Holzbänke. In freudiger Erwartung sitze ich nun da, den Blick fest nach vorne auf den Altarraum gerichtet. Um Punkt 6.45 Uhr höre ich leise Stimmen. Ein paar Minuten später singen die Nonnen bereits in tiefer Ehrfurcht ihre Gregorianischen Choräle. Die meditativen Klänge dringen tief in mich ein und erfüllen mein Herz mit Wärme. Obwohl ich keine der Nonnen zu Gesicht bekomme, da sie sich hinter einer großen Glasfassade auf der Orgelempore aufhalten, bin ich ihnen so nah wie nie. Nach ein paar weiteren Liedern drängt mich meine Neugier zur Weiterreise. Den Nonnen sage ich leise Adieu.

Die Faszination des Salzburger Doms

7.30 Uhr. Schnellen Schrittes mache ich mich auf den Weg zum nächsten Wunderwerk der Architektur – dem Salzburger Dom. Am frühen Vormittag ist der Domplatz noch leer. Menschenleer. Ich schleiche mich vorbei an dem kleinen Zollhäuschen am Eingang des Gotteshauses und schon stehe ich mitten im Geschehen. Wie gefesselt starre ich auf den langen Korridor und die verschnörkelten Wandverzierungen. Mit einem tiefen Atemzug inhaliere ich förmlich die Geschichte des sakralen Gesamtkunstwerkes. Ich entschließe mich zu einem kleinen Rundweg, vorbei an den Seitenkapellen, dem Hauptaltar mit den stilvollen Grabinschriften der Erzbischöfe und dem Schattenspiel „Vanitas“ in der Chorkrypta (*Mo-Sa 10-17, So 13-17). Bevor ich den Dom verlasse, halte ich am Taufbecken Mozarts kurz inne. Wusstet ihr, dass hier auch Joseph Mohr getauft wurde? Joseph wer? - werdet ihr euch sicherlich denken. Keine Schande, auch ich wusste bis vor kurzem nicht, dass der Liedtexter des berühmten Weihnachtsliedes „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ ursprünglich aus Salzburg kommt. Nach ein paar Sekunden löse ich meinen Blick von den vier Löwen, die das Becken auf ihrem Rücken tragen und husche zum Ausgang.

Die Suche nach der Schwurhand

8.30 Uhr. In regelrechtem Eiltempo geht es an der Marienstatue vorbei quer über den Domplatz. Keine Minute später stehe ich bereits vor dem überdimensionalen Eingang der Franziskanerkirche. Meine Glieder sind wie versteinert. Nur meine Augen kreisen suchend vom Portal zur Steinmauer und wieder zurück. Wo ist sie denn nur? Leichte Unruhe kommt in mir auf. Ich sehe sie nicht. Bin ich blind? Das kann doch nicht sein. Aber halt! Da unten ist sie. Zeige- und Mittelfinger eng aneinandergepresst, die restlichen Finger bilden eine Art Faust. So klein hätte ich sie mir gar nicht vorgestellt. Fast hätte ich sie übersehen, die Schwurhand. Der Überlieferung nach findet jeder in der Kirche Schutz, der sie berührt – egal ob schuldig oder nicht. Ich berühre die Finger aus rotem Marmor kurz, entschließe mich dann aber zum Aufbruch, da die Zeit drängt. Das Loreto-Kindel wartet bereits.

Das Loreto-Kindel und sein Segen

9.00 Uhr. Auf der rechten Seite der Altstadt, nahe dem Mirabellgarten, in der Paris-Lodron-Straße befindet sich mein Ziel. Das Loreto-Kloster der Kapuzinerinnen liegt versteckt. Einzig eine weiße Tafel mit der Abbildung des Loreto-Kindls dient als Wegweiser. Mit leicht mulmigem Gefühl trete ich ein, stehe dann aber vor der nächsten Hürde, einem schmiedeeisernen Tor. Rechts neben dem Tor ist eine Klingel. Einmal, zweimal, dreimal läute ich an. Nichts tut sich. Kurz bevor ich meinen rechten Zeigefinger erneut zur Klingel führe, geht im Innenraum eine Tür auf. Eine sanfte Frauenstimme bittet mich herein und weist mich in einen kargen Raum, der lediglich mit einem Sessel, einer Kniebank und einem kleinen Altar ausgestattet ist. Nach ein paar Sekunden der Stille geht eine weitere Tür auf und die Frau, die ich zuvor nur hören und nicht sehen konnte, steht leicht gebückt vor mir. Ihr Blick ist starr auf mich gerichtet. Sie könnte meine Urgroßmutter sein, so alt ist sie. Mit einer bestimmenden Handbewegung fordert sie mich auf, mich vor ihr hinzuknien. Aus Reflex falte ich die Hände. Und dann holt sie das eigentliche Highlight zum Vorschein: das Loreto-Kindel - eine elf Zentimeter geschnitzte Figur aus Elfenbein. Ich erspähe das edelsteinbesetzte Gewand, das von Nonnen des Klosters gefertigt wurde. Mir wurde erzählt, dass Pilger aus nah und fern kommen, um sich das Kindel auf den Kopf setzen und segnen zu lassen. Und auch ich lasse diese Zeremonie heute auf mich wirken. Mit jeder Berührung der Figur macht mein Herz einen Hüpfer. Ich bin überwältigt und unsicher zugleich. Nach dem Schlussgebet der Ordensschwester trete ich sichtlich benebelt hinaus zurück ins Getümmel der Stadt. Mit einem Kloß im Hals mache ich mich auf den Weg zurück in die linke Altstadthälfte.

Pfortenzeiten/Einzelsegnung/Besichtigungsmöglichkeiten Loreto-Kindel:
Sonn- und Feiertage 8.45-10.30 Uhr, 15-15.30 Uhr
Wochentage 8.30-10 Uhr, 15-16 Uhr.
Samstage und Vorfeiertage 8.30-10 Uhr, 15-15.30 Uhr
Fatimatag (13. jedes Monats)zusätzlich: 17.30-18.30 Uhr

Die „Besteigung“ der Scala Santa

11.00 Uhr. An Wochentagen herrscht auf dem Platz vor der Kajetanerkirche für gewöhnlich geschäftiges Treiben. Heute, an diesem trüben Wintersamstag, ist der Platz wie ausgestorben. Die Kajetanerkirche ist zweifelsohne das Zentrum des Platzes, ragt sie doch wie ein Eisberg im Ozean in den Himmel. Im Innenraum des Gotteshauses weist mir eine kleine Tafel mit der Aufschrift „Heilige Stiege“ den Weg in das linke Seitengebäude. Was wird mich erwarten? Ist der Nachbau der Scala Santa vergleichbar mit dem Original aus Rom? So viel Zeit habe ich nicht für wage Vermutungen und kreative Hirngespinste, denn nach ein paar Schritten stehe ich bereits vor ihr. Ein gewaltiges Bild. Zwei Engel, der eine links, der andere rechts, bewachen die Marmorstiege als wäre sie ihr Eigentum. Ehrfürchtig beginne ich den Weg hinauf zur Kreuzkappelle. Die Clou dabei: Man muss die einzelnen Stufen kniend bezwingen. Ja, das macht man so. Nach 14 Stufen brennen mir bereits die Kniescheiben. Bloß nicht aufgeben, säusele ich in meinen dicken Schal, die Hälfte ist geschafft. Oben angekommen habe ich Mühe, wieder auf die Beine zu kommen. Der Blick auf das vergoldete Allerheiligste macht jedoch – wenn auch nur für einen kurzen Augenblick – den harten „Aufstieg“ vergessen. Nach einem Stoßgebet verlasse ich die Kajetanerkirche und trete wackelnd hinaus ins Freie.
Auf dem Heimweg lasse ich meinen Vormittag nochmals gedanklich Revue passieren. Was ich heute alles gesehen habe?! Erstaunlich, was Salzburg alles zu bieten hat. Auf den zweiten Blick. Hinter Salzburgs Kirchentoren.

Besichtigungsmöglichkeiten "Scala Santa":
jeden Samstag von 11-12.00 Uhr

Neugierig geworden? Wir haben die wichtigsten Infos zu den Kirchen, allen Highlights sowie den Lageplan des Rundwegs für euch zusammengestellt.

 

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